Meine bessere Hälfte und ich haben uns den Levorg gestern auch genauer angesehen und eine Probefahrt gemacht. Mir hat er auf der IAA schon gut gefallen, und der gute Eindruck hat sich heute auch bestätigt. Auch uns ist deutlich aufgefallen, dass er real viel besser aussieht als auf Bildern. Zum Wesentlichen: Mit Sicherheit ist das optisch wie verarbeitungsmäßig der beste Subaru der letzten 10 Jahre. Die Innenraumqualität ist um ein Vielfaches besser als in meinem Ex-MY08-Hatch,gerade der Bereich Mittelkonsole sowie das KI sind sehr gut gemacht. Kritik gibts für den Teil der Mittelkonsole, in dem die grobschlächtigen Sitzheizungsschalter sitzen, den unteren Bereich der Türverkleidungen und das Handschuhfach, hier ist wieder das billige, bekannt kratzempfindliche Plastik zum Einsatz gekommen. Das findet sich auch im Kofferraum wieder, wo die Verarbeitung allgemein einfacher gehalten ist und gerade am Innenbereich der Heckklappe die Kunststoffe nicht so schön entgratet sind. Aber das sei verziehen. Dafür finden sich im Kofferraum praktische Details wie eine Fern-Umklappfunktion der Rückbank und Tütenhalter. Die Staufächer im Boden sind ebenfalls praktisch und könnten auch einen kleinen Subwoofer vertragen. Für einen Kombi ist der Kofferraum ok - kein Highlight, aber nicht zu klein, mit ebener Ladekante und kaum merklicher Stufe bei umgelegter Rückbank. Auf selbiger hält man es übrigens ganz vernünftig aus, trotz verbautem Schiebedach ist die Kopffreiheit in Ordnung, und die Beinfreiheit ebenso. Auch vorne findet man ausreichend Platz, spürbar mehr als in meiner A-Klasse, gefühlt auch etwas mehr als ein 3er BMW Touring (F30/31).
Jedoch: Die Frontsitze sind mein Hauptkritikpunkt am Gesamtauto, da die Sitze für mich zu kurz sind, die Neigung der Sitzfläche anscheinend nicht einstellbar ist (?) und auch der Beifahrersitz keine Höhenverstellung aufweist (??). Aber gut, hier lassen sich sicher die STI-Sitze oder sonstige Drittanbieter-Modelle einbauen? Vielleicht bin ich von meinen Recaros im A45 AMG auch zu verwöhnt, da dies neben den BMW-Komfortsitzen (hier bezogen auf die Baureihe F10/F11) so ziemlich das Beste sind, was ich je "besessen" habe. Auch das Bedienkonzept ist nicht überragend, den "Enter"-Knopf zur Bedienung des oberen, ansonsten gut gemachten und optimal positionierten Displays hätte man einfach besser lösen können. Die Musikanlage ist ganz ok, verträgt aber den oben erwähnten Subwoofer sicherlich. Das Navi konnte ich aufgrund einem nur als Comfort zur Verfügung gestellten Testwagens nicht testen.
Zum Fahren: Auf die Lineartronic war ich sehr gespannt, da ich ein CVT nur aus Audi (Multitronic), Toyota (Prius) und Mercedes (W169 Modell) kenne und eher nicht so geil finde. Nach der Probefahrt allerdings muss ich sagen, Subaru hat nach meinem Dafürhalten das beste CVT am Markt! Das Anfahrverhalten ist stark, der Sportmodus überraschend sportlich und das manuelle Schalten gut bzw. besser gelöst als bei der Konkurrenz. Man hat hier den gefürchteten Gummibandeffekt sehr gut kaschiert, was zu einem positiven Fahrgefühl beiträgt. Schwimmt man nur mit dem Verkehr hält sich die Automatik angenehm zurück und macht einfach nur ihren Job, so wie es eigentlich besser nicht sein kann. Es nervt nicht, wie es in anderen Fällen ist. Der Motor: Nun ja, ich fahre gerade ein recht gut motorisiertes Auto, deswegen war klar, dass ich kein Grinsen ins Gesicht bekomme. Aber verglichen mit meinem 2.0R sind das Welten nach vorne! Die 200km/h sind in vernünftiger Zeit zu erreichen, 160km/h gehen ausreichend zügig, um auch links unterwegs zu sein. Rational betrachtet braucht kein Mensch mehr. Untermotorisiert ist man in keinem Falle, wirklich nicht. Der 1.6 DIT ist die Wahl der Vernunft und von Subaru in der Gesamtpalette auch so positioniert. In Japan gibts nicht umsonst noch die 2.0 DIT-Variante, die wir leider nie bekommen werden. Somit bleiben wir fair und ordnen den 1.6 da ein, wo er einzuordnen ist.
Entscheidend ist für mich im Alltag, dass er ab Start zügig losgeht, was eine Schwäche anderer CVTs ist. Das funktioniert im Levorg sehr gut und fühlt sich sehr kraftvoll an. Aber ein bisschen mehr Klang, vielleicht ein leichtes Boxerrumble, das wäre fein. Ansonsten hält sich der Motor akustisch nämlich sehr zurück, wird auch obenrum nicht nervig laut. Da stören eher die Windgeräusche, die spätetens ab 120km/h auftreten. Verglichen mit meiner A-Klasse, die ja eine Wagenklasse unter dem Levorg positioniert ist, muss man klar feststellen, dass Windgeräusche bis in hohe Tempi deutlich leiser sind. Ich hatte immer das Gefühl, dass das Fenster ein Stück weit offen ist, weil es so rauscht. Testverbrauch waren rd. 11L/100km, was dem noch jungen Auto und zügiger Fahrweise geschuldet sein mag. Im flotten Alltag wird man wohl mit 9-10L hinkommen. Das und mehr hat mein 2.0R mit weniger Leistung und deutlich weniger Platz auch gebraucht, von daher ist das völlig in Ordnung. Wer nur bummelt wird sicher noch weniger Sprit verbrauchen.
Das Fahrwerk ist überraschend straff im Anfedern, kurze Stöße werden recht ungefiltert weitergegeben. Ich wage zu behaupten dass man mit einer anderen Dämpferauslegung, mithin weicherer Druckstufe, hier einen Komfortvorteil erreichen würde, ohne den doch recht sportlichen Grundcharakter zu verlieren. Leider war die Testfahrt nicht ausführlich genug und zuviel Verkehr auf den Teststraßen, hier präzisere Eindrücke zu sammeln, im Grundsatz hat man es aber mit einem sauberen Fahrwerk zu tun, das jedoch gegenüber einem 3er BMW mit Stahlfederung (F30/31, vor Facelift) weniger komfortabel ist. Hier tragen ggf. auch die Reifen mit gefühlt zu weicher Flanke und zu hartem Abrollen bei, die mich auch vom Kurvengrip her nicht überzeugt haben. Leider habe ich es am Ende der Testfahrt verbaselt nachzusehen, welche Reifenmarke hier verbaut war.
Der Levorg zeigt also ein rundes Gesamtpaket in attraktiver Hülle. Das Gebotene ist zeitgemäß mit nur wenigen Schwächen. Allerdings: Wir dürfen nicht den Preis vergessen. Am Ende der Testfahrt habe ich mir von der freundlichen Verkäuferin ein Angebot machen lassen. Für einen neuen,sofort verfügbaren Sport (Lagerwagen) mit 0km und Bruttolistenpreis rd. 36.000,- EUR inkl. Überführung verlangte man rd. 32.000,- EUR. Zweiunddreißigtausend Euro. Ich finde den Preis überragend. Ein Golf Variant liegt ausstattungsbereinigt mit nur 150-Benziner-PS bei einem ähnlichen Listenpreis und sicherlich ähnlichem Kaufpreis, jedoch gibt es die Werksgarantie in dieser Form nicht, und Allrad natürlich auch nicht. Da muss schon ein Skoda Octavia 1.8 TSI herhalten, der mit allem aufwarten kann und in Kombination mit besseren Fahrleistungen und noch mehr Platz (rd. 100L mehr Kofferraum) ein ähnliches Preisniveau aufweist. Meines Erachtens ist der genannte Octavia auch einer der schärfsten Konkurrenten des Levorg. Ein 3er BMW Touring liegt ausstattungsbereinigt mit der 20i xDrive Motorisierung bei (Achtung) 55.000,- EUR (!), und über einen Mercedes C reden wir besser nicht erst. Klar, hier kann man noch mehr Ausstattung und vor allem bei vergleichbarer Motorisierung von Hause aus bessere Fahrleistungen bekommen, aber hey, ist mir das >=20k EUR Preisunterschied für eine vernunftorientierte Familien- und Alltagskutsche wert? Wirklich? Das muss jeder für sich selbst entscheiden, aber für mich ist der Levorg ein klasse Auto mit einem extrem guten Preis-/Leistungsverhältnis, das nicht an jeder Ecke steht.