Schweizerisches Bundesgericht: Zürcher Obergericht muss Freispruch für Autolenkerin überprüfen
Das Zürcher Obergericht muss sich nochmals mit einer Autofahrerin befassen, die 2008 auf einem Fussgängerstreifen eine Mutter mit ihrer Tochter überfahren hat. Das Bundesgericht hat der Staatsanwaltschaft Recht gegeben und den Freispruch aufgehoben. (Urteil 6B_493/2011)
[Rz 1] Die Fussgängerin hatte am 28. Januar 2008 ihre dreijährige Tochter auf dem Arm getragen und den Kinderwagen mit ihrem einjährigen Sohn geschoben. Beim Überqueren eines Fussgängerstreifens an der Limmattalstrasse in Zürich wurden die Frau und ihre Tochter von einer Autolenkerin angefahren. Der Kinderwagen wurde nicht erfasst. Die Tochter erlitt tödliche Verletzungen, die Mutter ist bis heute invalid. In erster Instanz war die Autofahrerin vom Bezirksgericht Dietikon der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung für schuldig befunden und zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 60 Franken verurteilt worden.
[Rz 2] Das Obergericht sprach die Frau im vergangenen April frei. Es war zum Schluss gekommen, dass die Mutter den Fussgängerstreifen unvermittelt und zügig betreten habe. Die Autolenkerin hätte die Kollision selbst dann nicht mehr verhindern können, wenn sie weniger als die erlaubten 50 Stundenkilometer gefahren wäre.
[Rz 3] Das Bundesgericht hat die dagegen erhobene Beschwerde der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft nun gutgeheissen und die Sache zur erneuten Beurteilung ans Obergericht zurückgeschickt. Dieses muss weitere Abklärungen machen, allenfalls unter Beizug von Sachverständigen.
[Rz 4] Laut Bundesgericht steht fest, dass sich die Autolenkerin pflichtwidrig verhalten hat. Sie sei offensichtlich nicht aufmerksam gewesen. Sonst hätte sie die Fussgängerin und ihre Kinder früher bemerkt und sofort ein Bremsmanöver eingeleitet. Komme das Obergericht auch beim zweiten Umgang zum Ergebnis, dass eine Kollision nicht vermeidbar gewesen sei, so habe es zusätzlich zu untersuchen, ob es bei rechtzeitiger Einleitung eines Bremsmanövers wenigstens zu geringeren Verletzungen gekommen wäre.
Urteil 6B_493/2011 vom 12. Dezember 2011
Quelle: Jusletter vom 9. Januar 2012
Fahren ohne Führerausweis wird strenger bestraft
Ab dem 1. Januar 2012 wird das «Fahren ohne erforderlichen Führerausweis» gleich streng bestraft wie das «Fahren trotz entzogenem oder aberkanntem Führerausweis». Der Bundesrat hat die entsprechende Änderung im Strassenverkehrsgesetz (SVG) auf Anfang des Jahres in Kraft gesetzt.
[Rz 1] Wer nie einen Führerausweis erworben hat, weist weder die zum sicheren Lenken eines Fahrzeugs nötige Ausbildung auf, noch hat er die entsprechenden Prüfungen bestanden. Das Gefährdungspotenzial wird bei solchen Fahrten als ähnlich hoch eingestuft, wie wenn trotz entzogenem Führerausweises gefahren wird. Das Fahren ohne Führerausweis wird daher künftig gleich hart bestraft wie das Fahren trotz entzogenem oder aberkanntem Führerausweis. Ebenso strafbar machen sich künftig Personen, die fahren, obwohl ihnen der Führerausweis auf Probe wegen zwei Widerhandlungen annulliert wurde (Zweiphasenausbildung für Neulenkende).
[Rz 2] «Fahren ohne Ausweis» und «Fahren trotz annulliertem Führerausweis auf Probe» werden wie «Fahren trotz Entzug» neu als Vergehen eingestuft. Bisher galt «Fahren ohne Ausweis» lediglich als Übertretung (Busse bis maximal 10’000 Franken). Der Strafrahmen bewegt sich neu zwischen einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren und/oder einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen à maximal 3'000 Franken.
[Rz 3] Wer einen abgelaufenen Führerausweis besitzt, weil er die Zweiphasenausbildung nicht oder nicht vollständig besucht hat, und dennoch weiterfährt, wird mit einer Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen bestraft.
[Rz 4] Diese Revision des Strassenverkehrsgesetzes geht auf eine Parlamentarische Initiative von Nationalrat Alfred Heer aus dem Jahr 2008 zurück. Sie wurde am 17. Dezember 2010 von der Bundesversammlung beschlossen und vom Bundesrat im Frühling dieses Jahres auf den 1. Januar 2012 in Kraft gesetzt.
Quelle : Pressemitteilung des ASTRA vom 19. Dezember 2011