Und weitere Leserbriefe sowie am Schluss eine Stellungnahme des Herausgebers zu den Leserbriefen:
ade, freie Presse!
Frontseite der Basler Zeitung vom
2.1.08 und diverse Leserbriefe;
baz 3.1.08
Ich bin schlicht entsetzt über die erste
baz im neuen Jahr: Das neue Jahr beginnt
für die Basler Zeitung mit Autowerbung.
Völlig deplatziert, so oder so.
Und ein absoluter Affront, uns zahlende
Kundschaft im neuen Jahr so zu begrüssen!
Wenn das der Stil des neuen «Produktionsteams
» ist, das – zwei Blätter
weiter hinten erzählt – den ersten Bund
gestaltet hat, dann gute Nacht baz! Offenbar
ist–nicht nur im Privatfernsehen
– der Punkt erreicht, an dem man auch
als zahlender Kunde die Information
nur noch geliefert bekommt, damit man
die überhandnehmende Werbung brav
konsumiert. Ade, freie Presse!
werbung kann
man ignorieren
Bei der Lektüre der unzähligen Leserbriefe
zum Thema «Autowerbung als
Titelseite» ist bei mir spontan ein grosses Glücksgefühl
aufgetreten: Es scheint
nämlich so, dass ein grosser Teil unserer
Bevölkerung im Moment keine grösseren Probleme
hat, als eine Werbung, die
man(und frau) bei Bedarf einfach ignorieren könnte.
Wenn dem wirklich so ist,
dann kanns mit unseren echten Problemen nicht weit
her sein...
Bitte keine
titelseitenwerbung
Die Subaru-Werbung mit dem tiefen
Schwerpunkt finde ich den bisherigen
Schwachpunkt der Basler Zeitung. Die
Kostenpflichtige baz sollte sich in diesem
Punkt von den Gratiszeitungen differenzieren
und auf Titelseitenwerbung zukünftig
verzichten.
keine anderen
sorgen?
Zugegeben, auch ich war von der Titelseite
der Basler Zeitung vom 2. Januar
überrascht, auch wenn es ein schönes
Winterfoto war. Viel schlimmer finde
ich jedoch die Leserreaktionen in der
gestrigen Ausgabe der baz. Haben wir
keine andere Sorgen, als uns über eine
Autowerbung und deren Positionierung
in einer Zeitung aufzuregen? Offensichtlich nicht
...Oder hat diese Titelseite
die entsprechenden Leserinnen und
Leser abgehalten, die ganze Zeitung zu
lesen? Sonst hätten sie nämlich sehen
können, wo die wirklichen Probleme liegen
... Stichwort: Bürgerkrieg in Kenia,
Unruhen in Pakistan, HIV-Infektionen,
usw.!
Das baz-abo muss
billiger werden
Die erste baz im neuen Jahr mit Freude
erwartend, traute ich meinen Augen
nicht. Wäre nicht der Kopfteil gewesen,
hätte ich die Zeitung gleich in die Papiersammlung
gelegt. Der schön verschneite
Tannenwald wäre ein stimmungsvoller
Auftakt ins 2008, aber die
Titelseite wirbt ganz klar für eine Automarke.
Da ich nicht auch noch selber
Werbung machen will, nenne ich die
Firma bewusst nicht! Ich finde diese Titelseite
absolut baz-unwürdig. Oder ist
dies der zukünftige Stil im 2008? Ich erwarte,
dass der Abonnementspreis
durch die Markenwerbung auf der Titelseite
zehn Prozent günstiger wird, vielen Dank.
Zukünftig lese ich dann gleich
die zweite Seite.
freude an
tollen autos
Die ganzseitige Automobilwerbung auf
der Frontseite der baz vom 2. Januar
zeugt nicht nur von einigem Mut, sondern
zeigt auch, dass die Basler Zeitung
den Schneid aufbringt, Werbung für ein
gutes Produkt an – das sei zugegeben –
etwas exponierter Stelle zu platzieren.
Erfreulich, dass die baz nicht auch noch
komplett auf das ermüdende Herunterbeten
des Klimapsalms einstimmt. Es
gibt nämlich – man höre und staune –
auch Leser, die Freude an tollen Autos
haben und trotzdem Sorge zur Umwelt
tragen. Aber die veranstalten halt keinen
Lärm darum, sondern tun es einfach...
2008 verdient
andere titelseiten
Jetzt hat es also auch die baz erwischt.
Die erste Titelseite im neuen Jahr als Automobilreklame.
Der Neujahrswunsch
unserer durch und durch von Geld und
Besitz durchdrungenen Gesellschaft erhält
einen neuen Sinn: «Es guets Neus»
meint jetzt wohl, dass wir uns gegenseitig
– statt Gesundheit und erfülltes Leben
– irgendeine Luxuskarosse wünschen.
Das neue Jahr, das mit entscheidend wird für
ein Klima, das unser Überleben
ermöglicht, hätte eine andere Titelseite
verdient. Etwa die zum Nachdenken
anregenden Kommentare der
Wirtschaftsredaktorinnen und -redaktoren.
Oder ist der Zwang der Autolobby
auch für die baz schon so gross, dass sie
ihr die besten Seiten opfert? Dann gute
Nacht!
seid doch nicht
so kleinlich!
Hat Herr Herrmann auch schon gehört,
dass auch eine Zeitung kaufmännisch
denken muss? Seid doch nicht so kleinlich,
es gibt schlimmere Dinge, die einer
Zeitung angekreidet werden können.
Und hier die Antwort des Herausgebers auf die Leserbriefe:
zum inserat auf der
titelseite der baz
Liebe Leserin, lieber Leser.
Es haben uns viele
Leserbriefe per Post und
E-Mail erreicht, die sich
über ein grosses Inserat
auf der baz-Frontseite
vom2. Januar beschwert
haben. Inder Tat haben wir hier für
eine Tageszeitung neue Wege beschritten.
Bei Wochenmagazinen sind solche
Inserate dagegen häufig. Die Schreibenden äusserten
in ihren Zuschriften insbesondere
zwei Fragen:
Erstens wurde die Frage gestellt, ob die
baz denn solche Werbung überhaupt
nötig habe. Mit den Abonnementsgebühren sei
die Zeitung doch bezahlt.
Aber dem ist in der Realität bei Weitem
nicht so: Die Abonnementsgebühren
und Kioskverkäufe decken bei einer regionalen Tageszeitung
nur etwa 30Prozent
der Kosten, 70Prozent deckt die
Werbung. Ohne Inserate würde das
baz-Abo also weit über 1000 Franken
kosten. Oder anders gesagt: Ohne Inseratekunden
keine Tageszeitung.
Zweitens waren die Leserbriefschreibendenbesorgt,
die baz-Redaktion
würde durch diese auffällige Werbung
beeinflusst und verliere ihre Unabhängigkeit.
Ich kann Ihnen versichern, dass
dies keinesfalls zutrifft. Die redaktionelle
Unabhängigkeit ist der Kern der
Glaubwürdigkeit der baz. Diese ist unser
höchstes Gut und wir schützen sie
vollumfänglich. Dabei trifft sich unser
Interesse mit demjenigen der Werbeauftraggeber.
Auch der Werbekunde
will nur in einem glaubwürdigen Umfeld inserieren,
dessen Image positiv
auf sein Produkt oder seine Dienstleistung wirkt.
Es kommt daher durchaus
vor, dass ein kritischer Artikel zum Autoverkehr
in derselben Ausgabe erscheint wie
ein grosses Automobilinserat.
Dies entspricht auch der Lebenswirklichkeit
vieler unserer Leser: Sie
sind besorgt über den Klimawandel,
bleiben aber für Beruf oder Freizeit auf
das Auto angewiesen.
Wir haben bei der baz das ehrgeizige
Ziel, unseren Kunden– also insbesondere
Den Leserinnen und Lesern, aber
ebenso den Inseratekunden– eine der
modernsten Tageszeitungen überhaupt
zu bieten. Daher versucht die Redaktion,
die Zeitung inhaltlich stetig weiterzuentwickeln,
daher arbeitet sie momentan an einem völlig
neuen Online-Auftritt. Die Anzeigenabteilung ihrerseits
ist bestrebt, den Werbekunden
neue und innovative Werbeplatzierungen zu
unterbreiten. Das ist gut so. Wir
sind überzeugt: Ohne ständige Innovation werden Tageszeitungen sich
im knallharten Wettbewerb nicht behaupten.
Solche Angebote müssen realisiert
werden, und genau dies haben wir am
2. Januar mit einem sehr auffälligen
Beispiel gemacht.
Wir werden diesen Kurs der ständigen
Innovation nicht ändern, aber wir werden die
Vielen Lesermeinungen beachten,
wie wir das seit Beginn des Reformkurses
der baz im 2004 stets gemacht
haben. Die baz hat viel von Ihren Hinweisen profitiert.
Ich danke Ihnen daher
bestens für Ihre Zuschriften und
ihre Treue zur baz und wünsche Ihnen
ein gutes neues Jahr.
...
Gruss
Lukas