Original von BJF1991
Jein, hat ein permanent 4WD Fahrzeug eine Verteilung von 50:50, so hat jedes einzelne Rad 25% des Antriebsmomentes. Dreht jetzt ein Rad durch und die anderen stehen ist die Sperrwirkung nicht ausreichend, ist mir schon klar. Aber hätte das Fahrzeug ganz einfach mehr Drehmoment würde er trotzdem losfahren, da die übrigen Räder prozentual mehr Drehmoment haben, trotz mäßiger Sperrwirkung, oder? Habe nämlich einen Forester 2.5 MT mit etwa gleicher Technik gesehen, der eine vergleichbare Situation mühelos geschafft hat!
Habe mich ev. blöd ausgedrückt
Nein, das ist ein Trugschluss. Wenn das Differential komplett sperrt, heißt das, der Momentenunterschied zwischen den beiden Seiten kann so groß sein wie das volle Motormoment, die Momentenverteilung wäre im Extremfall 100/0 oder 0/100. Die Sperreinrichtung muss also kräftig genug sein, das volle Moment zu vertragen. Bei einem nicht voll sperrenden, nur gebremsten Differential hängt der Unterschied zwischen den Seiten von der Bremskraft der Differentialbremse ab. Baut die Lamellenbremse beispielsweise ein Sperrmoment von 100Nm auf, kann die Momentendifferenz zwischen beiden Seiten maximal diese 100Nm betragen. Überträgt die eine Seite gar kein Moment, bekommt die andere maximal 100Nm, sofern der Motor die liefert. Wenn die nicht reichen, um das Auto fortzubewegen, bleibt es stehen, denn mehr geht nicht, egal wie viel der Motor zu leisten imstande wäre. Nicht der Motor setzt dort die Grenze, sondern die Sperreinrichtung des Differentials.
Und noch zum Thema Ausbrechen mit dem Heck bei Hinterachs-LSD: Das ist logisch. Die Vorderräder haben kein LSD, deshalb dreht im Extremfall zuerst das kurveninnere Rad durch und begrenzt damit das am kurvenäußeren Rad anliegende Drehmoment. Da das äußere Rad aber mehr Drehmoment verkraften könnte als es bekommt, hat es Reserven für die Seitenführung in der Kurve. An der Hinterachse hingegen sorgt das LSD dafür, dass bei durchdrehendem inneren Rad das äußere mehr Drehmoment bekommt. Damit werden dessen Reserven für die Seitenführung verringert.
Damit verstärkt sich aber nur eine Tendenz, die sich aufgrund der Gewichtsverteilung sowieso schon ergibt. Die Vorderräder haben durch die höhere Achslast mehr Haftung als die Hinterräder. Muss jetzt beim starken Gasgeben ein hohes Drehmoment übertragen werden, geraten durch die gleichmäßige Aufteilung des Moments zuerst die schwächer haftenden Hinterräder an ihre Grenze, bei gleichzeitiger Kurvenfahrt bricht das Auto hinten aus. Das ist bei griffiger Straße nicht so, da beim Beschleunigen die Vorderräder entlastet, die Hinterräder dagegen belastet werden (dynamische Achlastverteilung) und damit hinten bessere Haftung ist. Bei glatter Straße hingegen spielt die statische Achslastverteilung die größere Rolle, da die Räder wegen zu geringer Haftung bereits durchdrehen, bevor erst viel Gewicht dynamisch umverteilt werden kann.
Ich habe ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass ein Impreza ohne Hinterachs-LSD bei glatter Straße leicht zum Übersteuern zu bewegen ist (auf griffiger Straße hingegen sorgt starkes Gasgeben nur für Untersteuern). Deshalb dürfte das beim Forester mit Hinterachs-LSD noch einfacher sein. Aber wenn man bei Schnee um eine Kurve fährt und dann auch noch Gas gibt, dann provoziert man das Übersteuern ja ganz bewusst. Dann lässt sich das Auto aber mit dem Gaspedal gut lenken. Sobald man vom Gas ist, fängt sich das Auto wieder. Wenn man auf Sicherheit fährt, gibt man in einer verschneiten Kurve einfach nur kein Gas, und damit hat das ganze Allradsystem, egal ob mit oder ohne Sperre, Sendepause. Allenfalls das Motorbremsmoment kann einem dann noch einen Strich durch die Rechnung machen, dann hilft als letzte Rettung, die Kupplung zu treten.
Zwar habe ich im Schnee auch den Outback meiner Eltern gefahren, der ebenfalls Hinterachs-LSD hatte, allerdings war dort die Grundverteilung des Drehmoments wegen des Automatikgetriebes mit dem Lamellen-Allrad so frontlastig, dass das Auto beim Gasgeben generell untersteuert hat, das Hinterachs-LSD also gar nicht erst zum Zug kam. Erst wenn man trotz des heftigen Untersteuerns weiter auf dem Gas geblieben ist (genug Platz vorausgesetzt), wurde wegen der durchdrehenden Vorderräder dann die Hinterachse stärker am Vortrieb beteiligt, das Untersteuern verkehrte sich schlagartig ins Übersteuern. Darin unterschieden sich Legacy I (gleicher Allrad, aber ohne Hinterachs-LSD) und Outback III nicht.
Grüße,
Thomas