In der NZZ stand dieser interessante Artikel, der nebenbei auch zeigt, warum in Japan Dieselmotoren keine bedeutende Rolle spielen.
Bedenklich finde ich, dass hier in Europa der Dieselmotor inbezug auf erlaubte Abgaswerte "schonender" behandelt wird als der Benzinmotor.
Gruss Walter
Die hohen Ozonbelastungen sind vermeidbar
Nur Japan und die USA gehen entschieden gegen Sommersmog vor
ksz. Noch vor wenigen Monaten sorgte die winterliche Inversionslage für hohe Feinstaubbelastungen und heisse Köpfe. Nachdem der Frühling dieser Diskussion eine Verschnaufpause verschafft hat, steigt nun mit den Temperaturen die Ozonbelastung auf sommerliche Werte an. Beiden Übeln aber gemeinsam ist, zumindest zum Teil, die Ursache: der Dieselmotor. Die Partikelemissionen sind, je nach Quelle und Messgegenstand, höchstens zu einem Drittel dem motorisierten Verkehr zuzurechnen, andere sprechen sogar von weniger als zwei Prozent. Die Stickoxid-Emissionen, welche nicht nur direkt gesundheitliche Schäden und zusätzliche Feinstaubbildung verursachen, sondern auch primär für die Ozon-Spitzenwerte verantwortlich sind, stammen hingegen im Jahresdurchschnitt zu sechzig Prozent vom Verkehr. Im Sommer, wenn die Heizungen nicht in Betrieb sind, liegt der Anteil des Verkehrs noch einmal deutlich höher. Könnten diese Stickoxid-Emissionen vermieden werden, würden überschrittene Ozongrenzwerte eher zur Ausnahme werden.
Lasche Europäer
Dieselmotoren stossen ein Vielfaches mehr Stickoxide aus als Benzinmotoren. Die europäische Gesetzgebung trägt dem Rechnung. Gemäss der auch in der Schweiz gültigen Euro-4-Norm darf ein Auto mit Dieselmotor mehr als dreimal so viele Stickoxide emittieren wie eines mit Benzinmotor. Die EU-Kommission schlägt für die frühestens Mitte 2008 gültige Euro-5-Norm für beide Motortypen eine Reduktion der zulässigen Stickstoffwerte um zwanzig Prozent vor. Die deutliche Ungleichbehandlung wird also auch in Zukunft beibehalten, falls das EU-Parlament die neue Abgasnorm so durchwinkt. Hier hat offenbar die europäische Automobilindustrie, die weitaus am meisten Dieselmotoren absetzt, ihren Einfluss geltend gemacht.
Mit Hightech gegen Stickoxide
Die japanische Gesetzgebung geht mit dem Diesel viel härter ins Gericht. Die Standards sind nicht nur viel strenger, sie machen auch keinen Unterschied zwischen den Treibstoffarten. Ältere Autos, die beim Kauf noch allen damals gültigen Richtlinien entsprochen hatten, müssen teilweise sogar nachträglich mit Systemen zur Nachbehandlung des Ausstosses ausgerüstet werden. Die US-amerikanischen und in besonderem Masse die smogerfahrenen kalifornischen Gesetzgeber kennen bei den Stickoxiden auch kein Pardon mehr. Die jetzt schon niedrigen Grenzwerte werden ab kommendem Jahr für sämtliche Treibstoffarten so verschärft, dass herkömmliche Diesel-Autos ohne spezielle Systeme zur Abgasnachbehandlung nicht mehr zugelassen sind.
Gegenwärtig geniesst der Dieselantrieb in den USA zwar noch sehr geringe Akzeptanz. Viele Hersteller glauben aber auch dort an das Potenzial der modernen, kraftvollen, laufruhigen und - das ist besonders in Zeiten steigender Ölpreise wichtig - sparsamen Selbstzünder. Sie entwickeln deshalb Systeme, die das Stickoxid aus dem Abgas herausfiltern.
Die günstigere, wenn auch weniger wirksame Variante besteht aus einem Denox-Katalysator, der die Stickoxide im Abgas reduziert. Toyota hat dieses System bereits in Europa im Angebot. Nach eigenen Tests bezweifeln andere Hersteller jedoch die langfristige Wirksamkeit dieses Katalysators. Teurer, aber gründlicher ist ein SCR-Katalysator. Dieses System spritzt Harnstoff in das Abgas ein, wo es mit dem Stickoxid zu harmlosem Stickstoff und Wasserdampf reagiert. In grossen Lastwagen hat dieses System seine Praxistauglichkeit bereits unter Beweis gestellt. Bisher wurde aber noch kein Auto mit Harnstoff-Einspritzung ausgeliefert.
Die Industrie legt sich quer
Wenn es nach der Automobilindustrie geht, ändert sich dies auch nicht so bald. Denn um den Diesel «sauber» zu machen, fällt neben den Kosten für den Partikelfilter noch einmal ein ähnlich grosser Aufwand für die Stickoxid-Reinigung an. Die europäische Industrie argumentiert, dass dies den Diesel so verteuern könnte, dass sich viele Kunden für einen Benzinmotor entscheiden würden, der mehr Kohlendioxid ausstosse.
Ausserdem wird auf den, wenn auch marginalen, Mehrverbrauch hingewiesen, den die Abgasnachbehandlung verursacht. Und schliesslich müsse, so wird argumentiert, erst eine Distributions-Infrastruktur für den Harnstoff aufgebaut werden. Doch dies ist ein Scheinargument der Industrie, denn die Flüssigkeit ist, im Gegensatz zu Kraftstoffen, ungefährlich und könnte so einfach verkauft und nachgefüllt werden wie heute schon Scheibenreinigungsmittel. Der Preis läge bei etwas über fünfzig Rappen pro Liter. Ein 24-Liter-Tank fände bequem Platz in der Mulde des Reserverads und würde eine Reichweite von mindestens 15 000 Kilometern erlauben.
Einzelne Hersteller haben schon angekündigt, zumindest den Denox-Katalysator teilweise auch in Europa anbieten zu wollen. Doch solange es die Grenzwerte nicht verbieten, werden die meisten Dieselfahrzeuge weiterhin grosse Mengen an Stickoxid ausstossen. Und Europa wird noch viele Sommer lang mit häufigen Überschreitungen des Ozon-Grenzwertes leben müssen.