Auch ein DS2500 will richtig eingebremst werden. Hier könnt Ihr lesen, wie und warum:
.... Die Vorgehensweise ist dabei für alle Hersteller so ziemlich die gleiche: Mit Rücksicht auf die Klötze müssen die bindenden Harze relativ langsam abgebrannt werden, um Fading und ungleiche Ablagerungen zu vermeiden. Das erreicht man mit mehreren, immer stärker werdenden Bremsungen mit jeweils einer kurzen Abkühldauer dazwischen. Nach der letzten Bremsung sollte man die Bremsanlage auf Umgebungstemperatur abkühlen lassen. Eine Serie von zehn zunehmend scharfen Bremsungen von 100 auf 10 km/h mit normaler Beschleunigung dazwischen sollte für einen typischen Hochleistungs-Straßenbremsklotz geeignet sein. Man sollte während des Einbremsvorgangs das Fahrzeug nicht ganz anhalten, also überlege man sich eine Stelle, die für die eigene Sicherheit und die von anderen geeignet ist. Sollte man doch anhalten müssen, bevor das Einbremsen abgeschlossen ist, kann es zu ungleicher Übertragung von Belagsmaterial oder Abdrücken auf der Bremsscheibe kommen und genau das soll die ganze Sache ja vermeiden. Game Over.
Um die "Stärke" der Bremsung(-en) zu spezifizieren: Typischweise werden ABS-Systeme bei Verzögerungen um 0,9g (g = 9,81m/s2) aktiv, je nach Fahrzeug. Die zum Einbremsen geeignete Verzögerung liegt bei etwa 0,7g bis 0,9g. Das entspricht einer Bremsverzögerung nahe aber doch unterhalb des Blockierens oder des Einschreitens vom ABS. Zwischen der fünften und siebten Bremsung sollten die Beläge "riechbar" sein, was jedoch bis zum letzten Mal wieder abnehmen sollte. Eine graue, pulverartige Zone wird an der Kante des Belages sichtbar sein, die mit der Bremsscheibe in Kontakt kommt. Dort und nicht an der Grundplatte verbrennen Farbe und Harze des Klotzes. Wenn diese graue Zone etwa 1/8 Zoll (ca. 3,2mm) dick wird, ist der Klotz eingefahren. Für einen typischen Rennbelag wären eher vier Bremsungen von 150 auf 10 km/h geeignet und zwei von 170 auf 10 km/h - abhängig vom Belag - um das Material auf die optimale Betriebstemperatur zu bringen. Somit kann das Material für die höhere Temperatur seine Schicht gänzlich und gleichmäßig auf der Oberfläche der Scheibe aufbauen.
Zum Glück ist die Prozedur auch gut für die Scheiben, da auf diese Weise alle vom Gießen übrigen Spannungen abgebaut werden. (Alle Scheiben sollten spannungsarm geglüht werden als einer der letzten Herstellungs-Schritte.) Wenn möglich sollten neue Bremsscheiben mit gebrauchten Klötzen eingefahren werden, die aus der selben Mischung bestehen, aus der auch die zukünftigen Klötze gemacht sind. Wieder sollte dem System die Hitze langsam ansteigend zugeführt werden: zunehmend starke Bremsungen mit Abkühlzeiten dazwischen. Einer der Aspekte ist es, einen zu langen Kontakt von Bremsklotz und -scheibe zu vermeiden. Klötze, die auf Abnutzung ausgelegt sind und bei Hochleistungsfahrzeugen nicht eingesetzt werden sollten, können als eingefahren betrachtet werden, wenn die Reibflächen eine gleichmäßig blaue Farbe angenommen haben. Bei den Belägen aus Metall und Kohlenstoff trifft das eher zu, wenn die Reibflächen der Bremsscheibe gleichmäßig grau oder schwarz geworden sind. Auf jeden Fall sollte eine komplett eingebremste Scheibe immer gleichmäßig eingefärbt sein.
Je nach Zusammensetzung des Reibmaterials kann es bei "schonender" Beanspruchung der Bremse durch die abrasive Wirkung der Klötze zum Abnutzen der übertragenen Schicht kommen. Wenn wir ein Fahrzeug einbremsen wollen, das eine Weile gemütlich gefahren wurde, kann man eine ungleichmäßige
Ablagerung von Belagmaterial auf der Scheibe verhindern, in dem man eine partielle Einbremsung durchführt.
Eine Ablagerung oder eine Schwankung der Materialstärke von 1 Hundertstel Millimeter ist für den Fahrer spürbar, bei 2,5 Hundertstel wird es lästig und darüber ist es nicht mehr auszuhalten. Wenn es dann mal Ablagerungen gibt, dadurch daß es isolierte Stellen gibt, die aus der Oberfläche der Bremsscheibe herausragen und die wesentlich heißer als ihre Umgebung werden, bildet sich garantiert Zementhit und damit verändern sich die Abnutzungseigenschaften an diesen Stellen. Das wiederum hat immer stärkere Schwankungen der Bremsscheibendicke und der Oberflächenrauhigkeit zur Folge.
Lassen Sie nie Ihren Fuß auf dem Bremspedal nach einer starken Bremsung, abgesehen von einer ordentlichen Einbremsung wie oben beschrieben. Im normalen Straßenverkehr stellt das kaum ein Problem dar weil hier die Bremsen Zeit haben abzukühlen, bevor das Fahrzeug angehalten wird. (Es sei denn, man lebt wie der Autor am Fuß einer langen, steilen Bergstraße.) Darauf kommt es bei jeder Art von Rennsport an, auch beim Autocross. Wenn die Klötze auf eine heiße, still stehende Bremsscheibe gepreßt werden, wird es immer zu Materialübertragung und einer spürbar "rauen Bremse" kommen, egal aus welchen Material die Reibflächen der Bremsklötze gemacht sind. Und, was noch schlimmer ist: der Klotz hinterläßt seinen Abdruck oder Umriß auf der Bremsscheibe und Ihre Sünde wird für alle Welt sichtbar sein.
Die offensichtliche Frage lautet nun: "Gibt es eine "Heilung" für Bremsscheiben mit ungleichmäßigen Materialablagerungen?" Die Antwort ist ein eingeschränktes "Ja". Wenn die Vibrationen gerade erst angefangen haben könnte es ein, daß die Temperatur, bei der sich das Zementhit bildet, noch gar nicht erreicht wurde. In diesem Fall kann man das Bremssystem ganz einfach wieder herstellen, indem man einen Satz gute, halbmetallische Klötze einbaut und diese (wenn sie eingefahren sind) richtig beansprucht. So lassen sich Ablagerungen entfernen und man hat etwas bessere Beläge. Solange nur eine kleine Menge Material übertragen wurde, z.B. wenn die Vibrationen gerade erst anfangen, kann man unter Umständen die Ablagerungen durch energisches Scheuern mit Löschpapier entfernen. Da diese Ablagerungen häufig für unsere Augen nicht sichtbar sind, muß die ganze Reibfläche gewissenhaft behandelt werden. Normales Schleifpapier oder Schmirgelleinen sollten vermieden werden, da die Bestandteile an Aluminiumoxid in die Oberfläche des Gußeisens eindringen und die Zustände verschlechtern würden. Aus dem gleichen Grund sollten die Scheiben auch nicht sandgestrahlt werden.
Die einzige Möglichkeit, ungleichmäßige Ablagerungen loszuwerden besteht darin, die Scheiben auszubauen und sie ab-hohnen zu lassen. Das ist weniger teuer als vielmehr umständlich. Eine frisch gehohnte Bremsscheibe sollte auf die gleiche Weise eingefahren werden wie eine fabrikneue. Die Schwierigkeit bei dieser Strategie: sollte es durch das Abschleifen nicht gelingen, alle Zementhit-Einschlüsse zu entfernen, dann würde der ganze Prozeß der Temperatur-Spirale von vorne beginnen, weil durch das Abnutzen des relativ weichen Gußeisens der Scheibe die sehr harten Zementhiteinlagerungen wieder aus der Oberfläche herausstehen würden. Leider ist der Zementhit für das bloße Auge nicht sichtbar.
Wer sich die Zeit nimmt, seine Bremsanlage richtig einzufahren, wird dadurch reichlich belohnt. Aber wie das bei den meisten Sünden der Fall ist, fangen die Probleme genau dann wieder an, wenn man den ursprünglichen Fehler aufs Neue macht..