Wieder mal ein Fall vom Bundesgericht, bei welchem Fragezeichen stehen bleiben...
Kurz: ein Fahrer wird auf dem Julierpass mit 30 km/h zu viel (netto) erwischt und muss dafür eine Busse von CHF 12'000.-- (!) (= ca. 7'500.Euro) zahlen und der Führerschein wird für 3 Monate entzogen.
Die Begründungen des Beschwerdeführers bzw. seines Anwalts sind etwas sehr fadenscheinig bzw. ohne die Vorlage von Beweisen sieht die Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerde gutgeheissen wird, nun mal sehr schlecht aus. Auch bei den Erwägungen des Bundesgerichts fragt es sich einmal mehr, wo da der Realitätssinn der Herren in Lausanne bleibt (vor allem die letzten beiden Sätze von Begründung 3.).
Das Urteil in seinem vollständigen Wortlaut:
6A.4/2006 /ast
Urteil vom 27. Februar 2006
Kassationshof
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Borner.
B. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans-Peter Müller,
gegen
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Abteilung IV,
Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen.
Entzug des Führerausweises; Dauer des Entzugs,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Abteilung IV, vom 14.
Dezember 2005.
Sachverhalt:
A.
B. ________ lenkte am Nachmittag des 10. Juli 2005 einen Personenwagen
ausserorts auf der Julierpassstrasse im Bereich der Capalotta-Ebene in
Richtung Bivio. Eine Geschwindigkeitsmessung der Kantonspolizei Graubünden
ergab für ihn eine rechtlich relevante Geschwindigkeit von 110 km/h.
Das Kreisamt Surses büsste B.________ am 9. November 2005 wegen grober
Verletzung von Verkehrsregeln mit Fr. 12'000.--.
B.
Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen entzog
B.________ am 7. September 2005 den Führerausweis für die Dauer von 3 Monaten
(Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG).
Einen Rekurs des Betroffenen wies die Verwaltungsrekurskommission des Kantons
St. Gallen am 14. Dezember 2005 ab.
C.
B.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Entzugsdauer auf einen Monat
festzusetzen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die kantonalen
Instanzen zurückzuweisen.
Die Verwaltungsrekurskommission schliesst auf Abweisung der Beschwerde (act.
6).
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Beschwerdeführer anerkennt, die ausserorts zulässige
Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h überschritten und damit den objektiven
Tatbestand der schweren Verkehrsregelverletzung erfüllt zu haben. Aufgrund
der besonderen konkreten Umstände treffe ihn jedoch kein schweres
Verschulden.
Vor der Geschwindigkeitsüberschreitung sei er längere Zeit in einer Kolonne
hinter einem ausgesprochen langsam fahrenden Personenwagen hergefahren.
Mehrere Fahrzeuglenker hätten hinter ihm aufgeschlossen und er habe zum
Überholen angesetzt, zumal die Strecke übersichtlich gewesen sei und es
keinen Gegenverkehr gehabt habe. Während des Überholmanövers habe der andere
Fahrzeuglenker ebenfalls beschleunigt, so dass er vor der Entscheidung
gestanden sei, den Überholvorgang durch Beschleunigen seines Wagens
abzuschliessen oder sich zurückfallen zu lassen. Letzteres sei ihm zu
gefährlich erschienen, da hinter ihm bereits zwei weitere Fahrzeuge auf die
linke Fahrbahnseite ausgeschwenkt seien und ein Überholmanöver eingeleitet
hätten.
2.
Ob die Darstellung des Beschwerdeführers den tatsächlichen Geschehnissen
entspricht, muss ernsthaft bezweifelt werden. Im Anschluss an das
Überholmanöver wurde der Beschwerdeführer von der Bündner Kantonspolizei
angehalten und zur Geschwindigkeitsüberschreitung befragt. Dabei gab er auf
einem vorgedruckten Formular an, den Tatbestand anzuerkennen und die geltende
Höchstgeschwindigkeit gekannt zu haben. Obwohl das Formular freien Platz
aufweist, um weitere Bemerkungen anzubringen, erwähnte der Beschwerdeführer
nichts von den "besonderen Umständen" seines Überholmanövers. Ein solches
Verhalten ist nicht nachvollziehbar. Wenn der andere Fahrzeuglenker den
Beschwerdeführer tatsächlich veranlasst gehabt haben sollte, eine derartige
Geschwindigkeitsüberschreitung zu begehen, hätte er dies unmittelbar danach
der Polizei gegenüber auch geäussert.
Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer den Strafbefehl wegen schwerer
Verkehrsregelverletzung, welche ein qualifiziertes Verschulden voraussetzt,
nicht anfocht. Wenn sich die Dinge, wie vom Beschwerdeführer behauptet,
zugetragen haben sollten, leuchtet nicht ein, weshalb er dies nicht im
ordentlichen Strafverfahren geltend gemacht hat.
3.
Selbst wenn man vom Sachverhalt ausgeht, wie ihn der Beschwerdeführer
darstellt, trifft ihn ein qualifiziertes Verschulden.
Nach seinen Angaben fuhr der andere Lenker ausgesprochen langsam, d.h.
deutlich unter der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h. Letztere
Geschwindigkeit hätte dem Beschwerdeführer normalerweise genügt, um den
anderen Fahrzeuglenker zu überholen. Da dieser aber spätestens auf gleicher
Höhe mit ihm erheblich beschleunigte, ging der Beschwerdeführer die Gefahr
ein, sich mit dem anderen Lenker ein Rennen zu liefern. Denn er konnte im
Voraus nicht wissen, wie lange der andere Fahrzeuglenker mit seiner
Beschleunigung mithalten würde. Dass ein solches Verhalten mit einem
qualifizierten Verschulden einhergeht, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Gemildert wird das Verschulden auch nicht durch das Verhalten zweier
Autolenker, die in der Zwischenzeit hinter ihm ein Überholmanöver eingeleitet
haben sollen. Nachdem er realisiert hatte, dass er sein Manöver nicht
regelkonform würde durchführen können, hätte er durch mehrmaliges kurzes
Antippen der Bremsen den hinter ihm Fahrenden gefahrlos anzeigen können, dass
er sein Überholmanöver abbrechen werde. Zudem hätte er sich auch nicht weit
zurückfallen lassen müssen, nachdem der Lenker auf der Normalspur sein
Fahrzeug erheblich beschleunigt hatte und dadurch unmittelbar dahinter Raum
frei wurde.
4.
Damit erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet. Im
Übrigen kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen
werden, insbesondere auch auf die allgemeinen Erwägungen zum schweren Fall,
zum neuen Massnahmenrecht des SVG und der Rechtsprechung dazu.
5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 156 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und der Verwaltungsrekurskommission
des Kantons St. Gallen, Abteilung IV, sowie dem Strassenverkehrs- und
Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Strassen
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 27. Februar 2006
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: