Mitsubishi präsentiert Lancer WRC04
MMSP, die für Motorsport verantwortliche Tochterfirma von Mitsubishi Motors, präsentierte auf der Motorshow in Essen das Fahrzeug, mit dem die Marke in der FIA Rallye-WM 2004 antreten wird den Mitsubishi Lancer WRC04.
Das komplett neu entwickelte, in neuen Farben lackierte Auto ist zentrales Element der langfristigen Strategie von Mitsubishi Motors, die erfolgreiche Historie in der WM fortzusetzen. Der Mitsubishi Lancer WRC04 wird bei allen 16 WM-Läufen 2004 an den Start gehen.
Ungewöhnliche Heckansicht
Das Reglement für World Rally Cars (WRC) schreibt als Basis ein Großserienfahrzeug vor, dass mindestens 25.000 Mal pro Jahr produziert wird. Der Mitsubishi Lancer WRC04 stammt deshalb wie seine Vorgänger vom Serien-Lancer ab. Das spektakuläre Design deutet jedoch bereits an, dass er mit früheren World Rally Cars von Mitsubishi wenig gemeinsam hat. Erneut wurden für Design und Entwicklung die Ressourcen von Mitsubishi Motors sowohl in Japan als auch in Europa genutzt. Hinter dem Projekt steckt jedoch eine verjüngte Mannschaft, geleitet von Mario Fornaris, dem Technischen Direktor des Werksteams.
Mitsubishi sieht die Saison 2004 bewusst als Lehrjahr, um Fahrzeug, Team und Fahrer gründlich auf die Zukunft vorzubereiten. Deshalb ist das Fahrzeug relativ konventionell. "Der Mitsubishi Lancer WRC04 unterscheidet sich stark von unseren früheren World Rally Cars", so Mario Fornaris. "Wir haben etwa 6.000 Änderungen vorgenommen. Wir haben die Freiheiten des WRC-Reglements ausgenutzt. Trotzdem ist es meine Philosophie, in einem ersten Schritt zunächst ein relativ konventionelles Fahrzeug zu bauen. Erst wenn wir damit voll zufrieden sind, werden wir in der Zukunft technisch aufwendigere Lösungen integrieren."
MMSP nutzte fast drei Wochen lang den Windkanal des renommierten Rennwagenbauers Lola, um Front- und Heckschürze, Motorhaube und Heckspoiler zu optimieren. Erste Priorität hatte dabei der aerodynamische Abtrieb. Gleichzeitig galt es aber auch, die Luftführung im Motorraum zu verbessern, um optimale Anströmung der Kühler zu erreichen. Darin äußert sich bereits der Konflikt, in dem sich die Designer eines World Rally Cars befinden. Zum einen garantiert nur ein aerodynamisch perfektes Fahrzeug gute Konkurrenzfähigkeit bei Hochgeschwindigkeitsrallyes. Auf der anderen Seite funktioniert der Turbomotor des Mitsubishi Lancer WRC04 nur optimal, wenn ausreichende Kühlung gewährleistet ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die höchsten Außentemperaturen von stellenweise mehr als 30 Grad ausgerechnet in jenen Ländern angetroffen werden, in denen die Fahrgeschwindigkeit auf den Wertungsprüfungen relativ gering ist.
Beim Design des Chassis stand nicht nur das optimale Handling im Vordergrund. Ebenso wichtig waren Robustheit, einfacher Aufbau der Fahrwerkskomponenten und leichte Zugänglichkeit für die Servicemechaniker. Der Mitsubishi Lancer WRC04 verfügt ringsum über Radaufhängungen vom System McPherson. Dieser Aufbau ist nicht nur äußerst stabil und wartungsfreundlich. Die einzelnen Komponenten sind im Bedarfsfall auch weitgehend austauschbar zwischen Vorder- und Hinterachse, rechter und linker Fahrzeugseite. Die meisten Bauteile sind im Sinne größtmöglicher Zuverlässigkeit aus Stahl gefertigt. Wie bei seinen Vorgängern werden auch im Mitsubishi Lancer WRC04 Stoßdämpfer des bewährten Partners Öhlins verwendet. Große Teile der Lenkung und der vordere Rahmen wurden neu gestaltet, weil der Motor nun wie vom WRC-Reglement erlaubt um 20 Grad nach hinten geneigt positioniert ist, um die Gewichtsverteilung zu optimieren.
Der Zweiliter-Vierzylinder verfügt über einen 16-Ventil-Zylinderkopf, zwei obenliegende Nockenwellen und stammt aus der selben Motorenfamilie (4G6) wie die Triebwerke der erfolgreichen Rallye-Lancer der jüngeren Vergangenheit. Er baut ebenfalls auf einem Motorblock aus Gusseisen und einem Zylinderkopf aus Aluminium, wurde aber in vielen Bereichen geändert. Er basiert auf dem Triebwerk des neuen Serienmodells Mitsubishi Lancer Evo VIII. Neu sind allerdings der Turbolader ausgerüstet mit dem vom Reglement vorgeschriebenen 34-Millimeter-Luftmengenbegrenzer im Ansaugtrakt , Einlass- und Auspuffkrümmer sowie wichtige interne Bauteile. Die Maße für Zylinderbohrung und Hub bleiben zwar unverändert, Kurbelwelle, Pleuelstangen und Kolben wurden jedoch erleichtert.
Ebenfalls neu ist das elektronische Motormanagement. Zum ersten Mal arbeitet MMSP mit dem Elektronikspezialisten Magneti Marelli zusammen, der ein System zur Verfügung stellt, dass ohne Sicherungen und Schalter auskommt. Es besteht aus zwei Steuereinheiten, jeweils eine für Motor und Chassis. Weil sie miteinander vernetzt sind, kann im Bedarfsfall auch jede für sich die Steuerung sämtlicher elektronischer Fahrzeugfunktionen übernehmen. Diese Konstellation erhöht die Zuverlässigkeit und spart gleichzeitig Gewicht.
Auch das Antriebssystem reflektiert die neue Strategie von MMSP und hat nur wenige Gemeinsamkeiten mit der in früheren WRC verwendeten Technik. Der Mitsubishi Lancer WRC04 ist ausgerüstet mit einem quer eingebauten Fünfganggetriebe des Hersteller FFD Ricardo. Die Schaltung funktioniert manuell. Das Planetendifferenzial in der Mitte, Front- und Hinterachsdifferenzial arbeiten mechanisch.
"Wegen der kleinen Airrestrictoren, die vom WRC-Reglement vorgeschrieben sind, verfügt der Motor des Mitsubishi Lancer WRC04 über ein so hohes Drehmoment, dass die Verwendung eines Fünfganggetriebes die optimale Lösung darstellt", sagt Mario Fornaris. "Der sechste Gang, wie er in WRC-Fahrzeugen meist üblich ist, erscheint mir verzichtbar. Wir werden trotzdem mit unterschiedlichen Möglichkeiten testen und, falls nötig, neue Techniken integrieren."
Die Entscheidung, passive Differenziale zu verwenden, ist ebenfalls ungewöhnlich. Sie ist Ausdruck des Bestrebens von MMSP, zunächst das Chassis des Mitsubishi Lancer WRC04 bis ins Detail zu verstehen, bevor technische Änderungen vorgenommen werden. So steht bereits während der Saison 2004 eine halbautomatische Gangschaltung auf dem Entwicklungsplan, die eingesetzt werden soll, sobald MMSP von Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des neuen WRC überzeugt ist. Aktive Differenziale befinden sich ebenfalls in der Entwicklung, jedoch nicht mit hoher Priorität.
Die Bremsen des Mitsubishi Lancer WRC04 stammen vom Zulieferer Brembo und sind auch in diesem Bereich setzt MMSP zunächst auf Einfachheit nicht wassergekühlt.
Die Testfahrten mit dem Mitsubishi Lancer WRC04 haben Mitte Oktober begonnen und werden bis zum Wettbewerbsdebüt bei der Rallye Monte Carlo im Januar 2004 weiter intensiviert.
"Wir erwarten von dem Auto nicht sofort Topresultate", erläutert Mario Fornaris. "Im Moment kann man noch überhaupt nichts über die Leistungsfähigkeit sagen. Der Mitsubishi Lancer WRC04 ist brandneu, wir hatten wenig Zeit für Entwicklung und Tests. Wir werden mit Sicherheit zunächst einige Probleme lösen müssen, wie es bei jedem Protoypenfahrzeug der Fall ist. Die Grundidee war, für den Start alles so einfach wie möglich zu halten. Wir wissen, dass wir noch eine Menge über das Auto lernen. Wir hoffen natürlich, dass der Mitsubishi Lancer WRC04 auf Anhieb schneller ist als der Vorgänger. Wir werden das Auto Schritt für Schritt entwickeln und rechnen mit höherer Konkurrenzfähigkeit in der zweiten Hälfte der Saison. Wir werden auf diese Weise schnellere Fortschritte erzielen. Wir stellen uns einem extrem harten Wettbewerb."