Es will ja niemand behaupten, dass im deutschen Rallyesport alles super gewesen wäre. Die ewigen Jubelvorschauen, die jeweils in der kommenden Saison immer blühende Landschaften verprachen, waren mir selbst ein Gräuel. Dass allerdings das DMSB-Präsidium ein nach Jahren der Dürre zart sprießendes Pflänzchen in den Boden tritt, ist ebenso unsinnig wie ärgerlich.
Da hatten wir einen Kalender mit sieben guten Rallyes, da tummelten sich endlich mal fünf World Rally Cars an der Spitze, weil erstmals ausländische Teilnehmer zu dem Schluss kamen, dass unser Championat besser sei als ihr eigenes, doch dann kam der ADAC-Sportpräsident.
Am Versuch, aus erfolgreichen Rennserien Schablonen anzufertigen, und diese auf andere Meisterschaften zu pfropfen, sind schon ganz andere gescheitert. Dass die nach dem Vorbild der Formel 3-Euro-Serie ersonnene Rallye-Euroserie eine Totgeburt sein würde, war in Rallye-Kreisen jedem klar, doch ein Fehlschlag sollte dem eher rundstreckenaffinen Hermann Tomczyk ja zugestanden und verziehen werden. Wenn jemand allerdings nicht nur ahnungslos, sondern auch beratungsresistent ist, dürfen keine mildernden Umstände mehr geltend gemacht werden.
Dass es 2006 erstmals seit drei Jahrzehnten keine Deutsche Rallye-Meisterschaft mehr gab, verdankt die Nation einzig dem ADAC-Sportpräsidenten, der sich einfach über den Entschluss des Exekutiv-Kommitées hinwegsetzte, und mit der ADAC-Mehrheit im Präsidium eines formal eigentlich unabhängigen Verbandes seine Interessen durchsetze. In der abgelaufenen Saison hatten wir - wenig überraschend - mit dem ADAC-Masters und der vom AvD unterstützten Deutschen Rallye Serie zwei Meisterschaften, die beide eher schlecht als recht funktionierten.
2007 soll es wieder eine Deutsche Meisterschaft geben. Die hat aber nur fünf Läufe, als Prunkstück ist der deutsche WM-Lauf vorgesehen, obwohl die Autos der meisten nationalen Teilnehmer nicht dem FIA-Regelwerk entsprechen und je nach Zulauf auch gar nicht genügend Startplätze zur Verfügung stehen. Die attraktiven World Rally Cars sind zwar erlaubt, dürfen aber nicht punkten. Gruppe N-GT-Autos wie Porsche GT3 oder Aston Martin Vantage und die neuen Zweiliter-Allrader der Super 2000-Kategorie sollen nun die Massen anlocken, doch die Realität sieht so aus, dass die Handvoll Hersteller, die solche Autos bauen, die Nachfrage nicht annähernd befriedigen kann.
Der vom DMSB eingesetzte Rallye-Fachausschuss zog als zuständiges Gremium die logische Konsequenz und empfahl - zumindest für ein Übergangsjahr - die weitere Zulassung der World Rally Cars. Zudem sprach der Ausschuss die Empfehlung aus, die Deutschland-Rallye zugunsten von einigen guten nationalen Veranstaltungen aus dem DRM-Kalender zu kippen. Doch der ADAC-Sportpräsident, der nun auch DMSB-Präsident und obendrein noch FIA-Vize-Präsident ist, demonstrierte abermals seine Allmacht und fegte die Beschlüsse des Fachausschusses vom Tisch.
Wenn Ausschuss-Mitglieder gerügt werden, weil sie „hinter dem Rücken des Präsidenten“ dessen Stellvertreter anrufen und von ihren Argumenten zu überzeugen versuchen, fragen sich die diese zurecht, wozu ein solcher Fachausschuss eigentlich nütze ist. Es schlägt dem Fass den Boden aus, wenn Tomczyks Gewalt-Politik dann auch noch mit Pressemitteilungen bemäntelt wird, in denen er die hervorragende Arbeit und Effizienz des Fachausschusses hervorheben lässt und diesem seine eigenen Beschlüsse unterjubelt. Veranstalter und Fahrer werden hinter den Kulissen drangsaliert, sich ja auf „die richtige Seite“ zu stellen.
Worum geht es hier eigentlich? Soll der deutsche Rallyesport reformiert und unterstützt werde, oder muss da nur jemand um jeden Preis seine Autorität wahren und einen Gesichtsverlust vermeiden? Mit der Devise: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich“, sind schon mächtigere Männer vor die Wand gelaufen.
Quelle:
http://community.sportauto-online.de/spa…id=74&blogid=76 
Samstag, 20. April 2024, 08:08
Zum Seitenanfang
